Perlach im 20. Jahrhundert


Autor:
ISBN:0000000052
Verlag:Festring Perlach e.V.
Jahr:1996
Seiten:125
Sonstiges
InhaltsverteichnisInhaltsverzeichnis

Vorwort

Heimat erlebt der Mensch in konzentrischen Kreisen. Unmittelbar erfährt er sie in der Familienwohnung, in der engsten Umgebung mit ihren Sitten und Gebräuchen, in der muttersprachlichen gegenseitigen Zuwendung. Bewußt wird Heimat, wenn die Familie in Bild, Wort und Musik überkommenes hineinnimmt in den Alltag, der heute aber auch allzu leicht verfremden kann: Nicht zwischen eigenen oder des Nachbarn Wiesen, äckern und Wäldern wächst der Mensch auf er ist eingeschlossen in Wohnsilos, benutzt geteerte Straßen und Wege, umbraust von fi^em- - den Fahrzeugen, die die Luft verpesten; Milch holt er nicht aus bekanntem Stall, sondern im Tetrapack einer unbekannten Großmolkerei, Käse hat den Umweg über Italien gemacht und Frühkartoffeln importiert ein Großhändler aus Israel, Malta oder Zypern. Hähnekrähen, Froschgequake und das Läuten von Kuhglocken beschäftigen die Gerichte. In ländlichen Gegenden ertönt der Ruf „ Bua, werd ma bloß koa Bauer! "

Perlach hat im letzten Jahrhundert eine entsprechende Entwicklung mitvollzogen. Das Dorf war Heimat, ohne daß darüber viel diskutiert werden mußte. Vor 60 Jahren unterwarfen die Nationalsozialisten den Begriff Heimat ihrer Blut- und Bodenideologie, instrumentalisierten ihn .für einen ins Verbrecherische übersteigerten Nationalismus. In der Folge des verlorenen Krieges suchten Millionen Vertriebener und Bombengeschädigter in und um München neue Heimat. Fleiß und gegenseitiges Verständnis förderten die Integration, sehr viele suchten durch Trachten, Volksmusik- und Volkstanzpflege Heimatliches zu erhalten. Nur lä/3t sich zum Beispiel eine Mundart kaum mehr nachhaltig pflegen, wenn für Kinder nicht mehr das Gespräch mit den Eltern, sondern der Fernseher das wichtigste Kommunikationsmittel ist. Heimat läßt sich auch nicht allein dadurch gewinnen, daß man längst überholte bäuerliche Arbeitsgeräte in Museen ausstellt. Eine Reihe dieser Gedanken äuß?erten die Festredner während des 28. Bayerischen Heimattages 1995 in Amberg.

3 Abschließend sei Kultusminister Hans Zehetmair zitiert.- „ Wir werden nicht allzuweit kommen, wenn wir unser Heil allein im wissenschaftlich-technischen Fortschritt... zu finden hoffen. Die Wurzeln des Menschen reichen tiefer. Und wenn es uns nicht gelingt, die Verankerung in unserem humanen Fundament zu bewahren - und das ist eben unsere Kultur, unser geschichtliches Herkommen, ist all das, was mitschwingt, wenn von Heimat die Rede ist, ist das, womit sich Heimatpflege befaßt ; wenn es also nicht gelingt, diese Verankerung zu bewahren, dann hilft uns aller technischer Fortschritt nichts. ...Heimat greift weit über bloße Nostalgie hinaus... Heimat kann Orientierung und Halt, kann dem menschlichen Dasein Sinn geben. Von daher aber gewinnt auch die Heimatpflege ihren tieferen Sinn. Sie ist kein vergebliches Bemühen um etwas Absterbendes, sie ist Hilfe zum Leben."

Eine ähnliche überzeugung bewog im Spätherbst 1995 den Vorstand des Festring Perlach e. V, zum 10jährigen Bestehen ein Themenheft mit dem Titel_ Perlach im 20. Jahrhundert -„Geschichte und Geschichten " zu veröffentlichen. Nur wenige Monate später erkannten die Verfasser, daß das Leben hier so vielfältig war und ist, daß der vorgegebene Umfang auf keinen Fall genügen könnte. Das erste Heft mit historischen Beiträgen und persönlichen Erinnerungen umfaßt nun die Abschnitte„ Perlach, 30 Jahre Dorf" und„ Perlach, 25 Jahre Stadtteil ". Im zweiten Heft soll die weitere Entwicklung im Raum der alten Gemarkung Perlach aufgezeigt werden. Hiermit wird auch deutlich, daß beide Hefte innerlich zusammengehören, da und dort aufs erste Bezug genommen werden muß.

In den letzten Jahren haben Perlacher und Interessenten von auswärts wiederholt bedauert, daß Band I„ 1200 Jahre Perlach völlig vergriffen ist und nicht mehr aufgelegt wird. Ihnen, so hoffen die Herausgeber, werden die beiden Themenhefte besonders willkommen sein.

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