Von der Umsturznacht bis zur Totenbahre


Autor:Achleitner Arthur
ISBN:B002HZRVTY
Verlag:Veduka-Verlag
Jahr:1922
Seiten:303
Sonstiges
InhaltsverteichnisInhaltsverzeichnis

ZUM GELEIT.

Ende April 1921 ging mir die hochehrende Nachricht zu, daß Seine Majestät König Ludwig III. von Bayern mich in Wildenwart empfangen, mit mir über verschiedene Angelegenheiten sprechen wolle.

Als Schulbub kannte ich den zurückgetretenen König Ludwig I., mit seinem Sohne, dem Prinzregenten Luitpold, durfte ich wiederholt verkehren, sein Enkel, der unglücklichste der bayerischen Ludwige, erwies mir die Ehre mancher Berufung in das Wittelsbacher Palais zu München, und da ich nun selber die Schwelle des Greisenalters überschritten, sollte meine Wenigkeit Gast des entthronten Königs im Schlosse Wildenwart sein. Obzwar seit Jahrzehnten an den Verkehr mit Fürsten, Königen und Kaisern gewöhnt, verursachte diese Einladung doch etwas Erregung in der alten Brust, weil vorauszusehen war, da& manche Ereignisse zur Besprechung kommen würden, Angelegenheiten heikler Art, Fragen, die ehrliche Antwort finden mußten, so der Besuch Sinn und Zweck haben sollte. Wie aber fragen, ohne dem entthronten König, dem verehrungswürdigen Ehrenmann imWeifj-bart wehe zu tun? Beruhigung gab der Gedanke, dafj König Ludwig III. zeitlebens der aufrechte Bajuvare war, die Wahrheit hören konnte, ja sie stets verlangte, allerdings nicht immer erfuhr, offenesWort vom Gast erwartete, sich ehrlich und gründlich aussprechen wollte. Das geschah denn auch bei aller pflichtschul-• digen Höflichkeit offen, ehrlich, bayerisch-aufrichtig und deutlich. Da mich Seine Majestät seif etwa dreißig Jahren persönlich kannte und als zuverlässig befunden hatte, konnte rückhaltlos gesprochen werden auf — beiden Seiten.

Auf diese Weise erhielt ich aus dem Munde des Königs selbsi Kenntnis von seinen und der Töchter Erlebnissen und Leiden von der Umsturznacht an. Manche Mitteilung ging mir in den lefeten Wochen ausWildenwart und schließlich aus Sarvar zu, so da& ich der Ueberzeu-gung lebe, genau und zuverlässig unterrichtet zu sein, und berichten kann vom Leben und Leiden des lieben armen Königs von dei limsturznacht bis zur Totenbahre. Der Einladung des Veduka-Verlages, hierüber unter selbstverständlicher Wahrung pflichtschuldiger Diskretion ausführlich Bescheid zu geben, entspreche ich gern, weil dieses Ersuchen als vollgültiger Beweis dafür aufzufassen ist, dag Treue und Pietät im Heimatlande Bayern noch nicht — ausgestorben sind.

MÜNCHEN, im Dezember 1921.

ARTHUR ACHLEITNER


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