Der sexuelle Körper

»Ist es denn nicht eines der fatalen Resultate der Aufklärung, daß die Befreiung des Sexus aus der alten Knechtung durch Kirche und Staat nicht in die idealen Gefilde einer ungehemmt wachsenden und blühenden Leibfreude geführt hat, vielmehr in Langeweile, Überdruß, Ekel und Frustration, in ewig unbefriedigte Gier, in immer neues Ausprobieren eines Neuen, bei dem man doch schon vorher weiß, daß es das ewig Gleiche ist? Ist nicht die tabufreie Moralität des Sports — die Club Mediterranee-Mentalität —, die alle Lebensbereiche, und zumal die Sexualität, ergriffen hat, die blanke Parodie auf das utopische Bild des befreiten Sexus? Und wurde nicht immer wieder von den großen Theoretikern geradezu beschwörend gesagt, das Geheimnis des Sexuellen liege in der Existenz des Körpergeheimnisses, der verhüllten Nacktheit, des sozialen Verbots, eben des Tabus überm Leib? Ist die Erkenntnis nicht älteren Datums, daß die nicht mehr verbotene Lust unserer Sehnsucht keine Erfüllung bietet?«