Regierungsbezirk | Niederbayern |
Landkreis | Passau |
Plz/Ort | Ruhstorf an der Rott |
Wikipedia | Siebenschläferkirche_(Rotthof) |
Kategorie | Bauwerk - Kirche katholisch |
Position | 48.42976 - 13.31944 |
Aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert n. Chr. sind in der Siebenschläferkirche vier römische Insehriftensteine, zwei Reliefs von Grabsteinen und der Oberteil eines Altares erhalten geblieben, die zuvor in der nahen Umgebung in Grabbezirken bei Gutshöfen (villae rusticae) und in Heiligtümern aufgestellt gewesen waren.
Zum Bau der Kirche hat man sie im 15. Jahrhundert nach Rotthof gebracht.
1. Den Unterteil des südöstlichen Pfeilers am Eingang der Kirche bildet ein 152 x 80 x 66,5 cm großer Weihaltar für die Göttin Victoria Augusta dessen rechte Seite einen Palmzweig zeigt, die nach innen zum Eingang hingerichtete Vorderseite die Inschrift in einem tief gekehlten, oben doppelt geschwungenen Rahmen aufführt und dessen linke Seite abgearbeitet ist, vielleicht weil sie zu heidnisch war. Die Inschrift lautet:
Victoriae/ Aug(ustae) /L(ucius) Vedius / Optatus / v(otum) s(olvit)
l(ibens) ni(erito);
auf Deutsch: „Der Victoria Augusta: Lucius Vedius Optatus hat das Gelübde gern und nach Verdienst (der Gottheit!) erfüllt.“ L. Vedius Optatus
könnte mit einem gleichnamigen Mann, der bei Salzburg bezeugt ist, identisch sein, dass er auch mit L. Veidius April is (siehe Kirchenraum) zusammenhängt, ist wegen der anderen Schreibweise des Namens unwahrscheinlich.
2. Gegenüber dem Weihaltar findet man den schlichten Grabstein der Flora vilica (139 x 73 x 62,5 cm). Der Stein ist stark abgearbeitet, dantit er in die Mauer hineinpasst. Die Inschrift lautet: D(is) M(aiiibus)! / Flora vilica / Urso actori, / marito cari(ssimo) (obito) an(norum) XLV, / et lucundo /socro et Suce/ess(a)e
socr(a)e, pie(ntissimis) / et sibi viva fecit / et Succes(s)us f(ilius) parenti(bus) pientissimos; auf Deutsch: „Den göttlichen Totengeistern! Flora, die Gutsverwalterin, hat dem Ursus, dem Geschäftsführer, (ihrem) geliebten Ehemann, gestorben mit 45 Jahren, und dem lucundus, (ihrem) Schwiegervater, und der Suc(c)essa. (ihrer) Schwiegermutter, den sehr rechtschaffenen, und sich zu (ihren) Lebzeiten (dieses Grabmal) gemacht; und der Sohn Succes(s)us (seinen) sehr rechtschaffenen Eltern.“ Die Inschrift nennt nur Individualnamen, vielleicht weil alle Personen Nichtrömer („Pergegrine“) waren.
3. An der Südwand der Kirche sind die Oberteile von zwei Grabinschriften eingemauert, die drei bzw. yier Personen (als Protonen) zeigen. Der Stil der Reliefs ist recht grob und einfach, aber die Siebenzahl erinnert an die Siebenschläfer, die um 250 n. Chr. bei Ephesos (Westtürkei) eingemauert und erst unter Kaiser Theodosius II. (408.-450 n. Chr.) wieder erwacht sein sollen. Die Inschriften unter den Reliefs sind verloren.
4. Unter dem Kirchturm steht der Grabstein der Copponia Lucani liberta lucunda als Weihwasserbecken. Das Monument ist nur etwa zur Hälfte erhalten (128 x 87 x 73 cm), trägt über dem Gesims einen viereckigen Block mit den vier Winden und darüber einen geflochtenen „mystischen Korb“ (cista mystica), der in Mysterienreligionen wie dem Bacchuskult als magisches Gerät diente. Auf der Vorderseite hebt die schön gerahmt«
Grabinschrift an: D(is) M(anibus) / Copponia /[LJucani liber(ta) / (der Rest fehlt):
auf Deutsch: „Den göttlichen Totengeistern! Copponia, des Lucanus Freigelassenen Zu ergänzen ist das auf der linken Seite vermerkte Cognomen (d.h. der Zuname lucunda, ihr Verhältnis zu Attianus mit den Angaben zu dessen Vatersnamen, Funktion- und Alter, die entsprechenden Daten zu der Sklavin Donata und einen Vermerk über die Aufstellung der Inschrift. Wahrscheinlich hatte nämlich Copponia lucunda den Grabstein zu ihren Lebzeiten aufgestellt. Die drei Personen findet man auf den übrigen Seiten in Nischen abgebildet: links die Copponia /lucunda / liber(ta) (d.h. „Copponia lucunda, Freigelassene“) mit einem Fächer in der rechten Hand, ferner auf der Rückseite, in einen warmen Umhang gekleidet, mit Halskette und mit einem Kästchen in der linken Hand Donata ancilla, (d.h. „Donata, Sklavin“), und auf der rechten Seite Attianus, vermutlich der Verwalter einer villa rustica nahe Rotthof, gekleidet in eine Tunica und einen Kapuzenmantel, einen Apfel in der Hand haltend; an seiner linken Seite sieht man einen Schreibbehälter. Copponia lucunda war wahrscheinlich die Ehefrau des Attianus und ihr Freilasser Copponius Lucanus vielleicht der Herr des Guthofes.
5.Im Kirchenraum befindet sich auch ein 2005 freigelegter Grabstein (119 x 59 x 49 cm), mit Inschrift, den Lucius Veidius Aprilis für sich, seine Eltern Ancharius Tittulo und Veidia Matuta, seine Ehefrau Veidia Breucio und seine mit 25 Jahren verstorbene Tochter Quieta zu seinen eigenen Lebzeiten aufstellen ließ. Der Text lautet: L(ucius) Veidius I Aprilis sibi / et Anchario / Tittuloni et / Veid[i]ae Muta/tae parent(ibus) Veildiae Breucionfi] / con(iugi) Quietae fil(iae) / obi(tae) an(norum) XXV / v(ivus) f(ecit); auf Deutsch: „Lucius Veidius Aprilis hat für sich und für Ancharius Tittulo und Veidia Mutata, (seine) Eltern, Veidia Breucio, (seine) Ehefrau, Quieta, (seine) Tochter, gestorben mit 25 Jahren, als Lebender (dieses Grabmal) gemacht." Die
Namen der Verstorbenen lassen keltischen Hintergrund und bei der Ehefrau und dem Vater eine ortsfremde Herkunft (Rheinland bzw. Norditalien?) vermuten.
6. Rechts davon ist noch der obere vordere Teil (51,5 x 71 x 47 cm) eines Altars oder Grabmals zu sehen, der 2005 im nordwestlichen Kirchenfundament entdeckt wurde. Auf der Vorderseite ist keine Inschrift erkennbar. An den beiden Seiten sieht man Reliefsfragmente: links in einem Kreis vielleicht einen Vogel, rechts drei Efeublätter.
Text: Prof. Dr. Hartmut Wolff. Universität Passau
Gestaltung: Walter Wandling MA.. Kreisarchäologie Passau
Römer und Siebenschläfer in Rotthal
Eine der reizvollsten Stellen des unteren Rottals ist die Siebenschläferkirche in Rotthof.
Zwei Reliefs aus der römischen Spätzeit an der Außenmauer der Kirche, auf denen sieben Figuren dargestellt sind, wurden ursprünglich als die „sieben Heiligen" aus der Siebenschläfer-Legende gedeutet und haben der Kirche vermutlich ihren Namen verliehen. Dabei handelt es sich bei den sieben Römer-Häuptern um Teile einer Grabstätte, die lediglich in der Kirchenmauer Verwendung fanden. Neben diesen Reliefs befinden sich weitere Zeugnisse aus der Römerzeit im Inneren der Kirche.
Römischer Altar, lange Zeit als Weihwasserbecken verwendet
So erinnert in der Vorhalle ein kleines Siegesdenkmal des L. Vedius Optatus an eine siegreiche Episode aus dem Alemannen-Krieg, in dem Pocking in Flammen aufging. Gut erhalten ist auch der Grabstein der Verwalterin Flora, der ihrer Familie gewidmet ist. Wir sehen, wie im patriarchalischen Rom eine Frau Leiterin eines
Betriebes und Haushaltsvorstand von 20 bis 30 Arbeitern werden konnte. Solche Frauen waren es auch, die in ihren Häusern erste christliche Gemeinden gründeten und leiteten.
Am interessantesten ist der Grabaltar, der lange Zeit als Taufstein genutzt wurde, unterhalb der Empore im Inneren der Kirche auf dessen Sockel die einzigen Stifter dargestellt werden. Nichts mit den Römern zu tun hat der bekannteste Hochaltar aus dem Jahre 1758 mit den sieben schlafenden Jünglingen, der von Johann Baptist Modler unter Mithilfe seiner Söhne geschaffen wurde.
Text u. Bildmaterial:
Markt Ruhstorf a.d. Rott
„Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag." „Siebenschläfer Regen - sieben Wochen Regen" - so hieß es in vielen Bauernregeln. Der 27. Juni
war früher ein Tag, der mit großer Spannung erwartet wurde; schließlich sollte an diesem Tag die Entscheidung für die Wetterlage in den darauffolgenden sieben
Wochen fallen.
Dessen ungeachtet wollen Fachleute die Siebenschläferregel nicht gänzlich als Aberglauben abtun. Ende Juni / Anfang Juli dringt meist der dritte Schub maritimer Kaltluft nach Mitteleuropa, der oft eine längere kühle Regenperiode einleitet. Wie bei den Eisheiligen und der Schafskälte liegt also auch den Wetterregeln zum Siebenschläfertag eine durchaus richtige Naturbeobachtung zugrunde. Eigentlich hat der Siebenschläfertag einen religiösen Ursprung und ist nach einer alten Legende sieben heiliggesprochenen Jünglingen gewidmet. Die sieben christlichen Brüder, die sich während der grausamen Christenverfolgung unter Kaiser Decius im Jahr 251 zu ihrem Glauben bekannt haben, sollen in einer Höhle bei Ephesus Zuflucht gesucht haben.
Dort ließ der Kaiser sie einmauern. Fast 200 Jahre schliefen dort die sieben Brüder und erst bei einer zufälligen Öffnung der Höhle wurden sie entdeckt. Auf wundersame Weise wiedererwacht, bezeugten die sieben nun vor dem regierenden christlichen Kaiser Theodosius II die leibliche Auferstehung von den Toten. Dap so hieß es, entschliefen sie sanft für immer.
Nehmen Sie sich Zeit für eine kurze Rast und besichtigen Sie die Siebenschläferkirche. In Europa gibt es nur zwei christliche Kirchen, die unter dem Schutz der Siebenschläfer stehen: Eine in Frankreich in Vieux-Marche in der Bretagne und die andere hier in Rotthof
Text u. Bildmaterial:
Markt Ruhstorf a d. Rott
Die Siebenschläferkirche ist ein Kirchenbau in Rotthof, einem Ortsteil von Ruhstorf an der Rott im Landkreis Passau.
Das sehr seltene Patrozinium erinnert an die Siebenschläfer von Ephesos. Es geht zurück auf zwei in die Außenmauer eingelassene Grabsteine der Römerzeit, die drei bzw. vier Personen zeigen. Sie wurden im Barock fälschlicherweise als Siebenschläfer gedeutet.
Im Jahre 1758 fertigte Johann Baptist Modler den neuen Hochaltar für die Kirche. Seitenaltäre und Kanzel folgten 1763/1764. Der barocke Altar wurde mit einfachsten Mitteln (Kisten, Tuffstein, Muscheln) zur Illusion einer Grotte, in die farbiges Licht dringt, umgestaltet. In diesem illusionären Raum träumen die sieben Jünglinge des Künstlers Modler, der auch die übrige Einrichtung entworfen hat. Mit dieser Schöpfung gehört die Rotthofer Einrichtung zu den besten der volkstümlichen Rokokokunst in Bayern.
Archäologen beschäftigen sich mit dem Gebiet rund um die Siebenschläferkirche. So verweisen verschiedene antike Fragmente, die im Kirchenbau Verwendung gefunden haben, auf die römische Besiedlung dieses Gebietes. Zu Beginn von grundlegenden Sanierungsarbeiten im Jahr 2004 wurden innerhalb kürzester Zeit in und um die Kirchengrundfeste erneut mehrere Skelette und römische Grabsteine gefunden.
Mit Hilfe neuester Technik konnte ein vollkommen überraschendes Dokument auf dem Bildschirm sichtbar gemacht werden. Verborgen unter der Erde begrenzen zwei Erdumwehrungen ein keltisches Gehöft, das vermutlich aus Herrenhaus, Stall- und Vorratsgebäuden bestand, auf einer stattlichen Fläche von nahezu einem halben Fußballfeld.
Vom 29. Juni bis 2. Juli 2006 fand das 500-jährige Weihejubiläum der Siebenschläferkirche in Rotthof statt.
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