Wallfahrtskirche zum Hl. Rasso (Grafrath)

Regierungsbezirk
Landkreis
Plz/Ort Grafrath
Suchbegriffe Wallfahrtskirche, Hl. Rasso, Grafrath
Personen Bergmüller Johann Georg, Feichtmayr Johann Michael, Üblher Johann Georg, Straub Johann Baptist, Günther Ignaz
Kategorie Museum - Landesgeschichte
Position 48.121417054056 - 11.156551837921

Zur Geschichte der Kirche

Der Ort, an dem die Kirche steht, trug früher den Namen Wörth. Wie der Name sagt, handelt es sich um eine von Amper und Ampermoos umgebene Insel. (Die Brücke über die Amper und die an der Kirche vorbeiführende Straße wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts erbaut.) Auf dieser Insel errichtet im frühen Mittelalter ein  Graf Rath - später auch Rasso genannt - eine Kirche und dazu ein Benediktinerkloster. Dem damaligen Brauch entsprechend bemühte er sich um Heiligenreliquien für seine Kirche, weshalb er eine Pilgerreise nach Rom und Jerusalem unternahm. Wie andere adelige Kirchenstifter im frühen Mittelalter ließ er sich möglichst nahe  bei den Reliqiuen der Heiligen vor dem Altar sein Grab anlegen. Dort wurde er nach seinem Tode auch bestattet. Das Grab ist bis heute erhalten. Sie sehen die Stelle von einem Gitter umgebe,n in der Mitte der Kirche.

Die Gründung des Kloster Wörth war keine Dauer beschieden. Die Grafen von Andechs, die sich als Nachfolger des Grafen Raths sahen, brachten die von ihm gesammelten Reliquien nach Andechs, wo sie den Grundstock für den dortigen  Heiltumschatz bildeten.. Trotzdem geriet die Kirche auf Wörth nicht in Vergessenheit, da der Kirchenstifter selber bald vom Volk als Heiliger verehrt und sein Grab als Wunderort aufgesucht wurde. Dies war der Grund, warum Papst Innozenz II.  im Jahre 1132 den Ort dem neugegründeten Chorherrnstift Dießen übergab, zu dem er dann bis zur Säkularisation 1803 gehörte. Weil die Menschen  die Kirche nur wegen dieses Grabes des hl. Graf Raths aufsuchten, verschwand allmählich der Name Wörth und der Ort wurde nur mehr St. Grafrath genannt. (Den Namen Grafrath gab sich 1972 auch die durch den Zusammenschluß  zweier benachbarter Dörfer neu gebildeten politische Gemeinde.)

Bau und Ausstattung der Kirche

Die gegenwärtige Kirche wurde 1689-1695 von dem Dießener Chorherrn an Stelle der aus dem Mittelalter stammenden Vorgängerkirche neu erbaut.  Baumeister der neuen Barockkirche waren Michael Thump und nach seinem Tod Michael Natter. Die Kirche repräsentiert das sogenannte Vorarlberger Münsterscheme, d.h. eine Hallenkirche mit stark eingezogenen Chor und querschiffartig angelegten Seitenkapellen.

Was die Innenausstattung betrifft, so stammen aus der Vorgängerkirche nur die Grabplatte über dem Stiftergrab (1468) und die Gemälde der vorderen Seitenaltäre (1593). Aber auch von der ersten Barockausstattung haben sich nur der Aufbau der vier Seitenaltäre und der Orgelprospekt erhalten. Alles ander wurde vor  rund 60 Jahren später im Stil des Rokoko neu gestaltet. Am Werk waren die damalsbedeutensten Künstler Südbayerns. Die Deckenfreken aus dem irdischen Leben des Kirchenpatrons (Kirchenschiff) und seiner Erhebung in den Himmel (Chor) schuf der Augsburger Akademieprofessor Johann Georg Bergmüller (1752). Als Stuckateure betätigten sich die Wessobrunner Johann Georg Üblherr sowie Franz Xaver und Johann Michael Feichtmayr. Schöpfer des Hochaltars mit seinem aus Holz geschnitzen und in Bleiweiß gefassten Figuren ist der Münchner Hofbildhauer Johann Baptist Straub nach einem Entwur seines Schülers Ignaz Günthers (1759/60). Die Stuckkanzel stammt von Thomas Schaidhauf aus Raisting (1771). Durch einem Zufall kam aus einer in der Säkularisation profanisierten Kirche im Zentrum München (Gruftkirche). die spätgotische, Erasmus Grassers zugeschriebene Pieta nach Grafrath, die am rechten vorderen Seitenaltar steht.

Der Hochaltar ist nicht nur der künstlerische und sakrale Höhepunkt der Kirche, in ihm ist auch ihre Geschichte zusammengefasst. Die drei Hauptfiguren stellen die ursprünglichen Kirchepatrone dar, die Graf Rath für seine Kirche bestimmt hat: ganz oben St. Salvator (Christus mit dem Kreuz in der Hand), links und rechts vom Tabernakel die Apostel Philippus und Jakobus.Nachdem schon in der Vorgängerkirche im Spätmittelalter auf dem Hochaltar zwischen die beiden Apostel eine Rassofigur gestellt worden war, wurden beim Neubau der Kirche die Gebeine des Kirchenstifters selber auf demn Hochaltar erhoben. Dort ruhen sie allen sichtbar in einem Glasschrein. Über dem Schrein erhebt sich eine Granstele mit der Aufschrift S.RASSO/DUX BAVARIAE (St. Rasso/Herzog Bayerns), eingerahmt ist sie von Kriegsgerät, gekrönt vom Wappen der Grafen von Dießen-Andechs und dem Fürstenhut, über dem Grabdenkmal auf einem aus dem Schrein aufsteigenden goldenen Wolkenband ist Rasso selber dargestellt, wie er von Christus und Engeln im Himmel empfangen wird.

Funktion der Kirche

Seit dem Mittelalter bis in die Neuzeit war die Kirche mit dem Grab des Grafeb Rath nur Wallfahrtskirche. Die Wallfahrt ist eine der ältesten in Südbayern. Jährlich kamen bis zu 100.000 Pilger hierher. In drei erhaltenen Mirakelbüchern von 1444-1728 sind über 12.000 Wunder verzeichnet. Hauptgrund für die Verehrung war wohl die Tatsache, dass er auf Amt und Würden eines Grafen verzichtete und als einfacher Laienbruder im Kloster ein Leben beschloss. Eine ausdrückliche Heiligsprechnung wurde wegen des Alters der Verehrung nie als notwendig angesehen. Bau, Ausstattung und Betreuung der Kirche wurden hauptsächlich durch die Spenden der Wallfahrer finanziert, vor allem durch die Stadt München, die sich Graftrath seit alter Zeit besonders verbunden fühlte (deshalb auch das Münchner Wappen am Torbogen).

Bei der Säkularisation fielen Kirche und Kloster an den bayerischen Staat. Auf Betreiben König Ludwig I. übernahmen 1838 die Franziskaner der bayerischen Provinz die Betreuung der Kirche, dazu 1979 auch die Seelsorge der umliegenden Pfarrein. So wurde die Wallafahrtskirche zugleich Mittelpunktkirche des neugegründeten Pfarrverbandes Grafrath. Inzwischen haben sich die bayerischen Franziskaner aus Grafrath zurückgezogen. Seit dem Jahre 1988 betreuen Franziskaner der schlesischen Provinz (Polen) die Wallfahrtskirche und die umliegenden Pfarreien.